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Wissenschaftler fordern schnelle EEG-Reform

Führende Energiewissenschaftler haben eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) gefordert. In einem dramatischen Appell wandten sie sich an die Mitglieder des Umweltausschusses des Bundestages. Sie rufen darin die Bundesregierung zu einer schnellen und umfangreichen Reform der Energiepolitik auf, um das EEG zu retten. Dazu zählen eine rasche Kürzung der Fördersätze für Solarstrom und die Streichung der Ökostromprivilegien. Andernfalls drohe die Akzeptanz für den Ausbau zu schwinden und das Fördersystem für erneuerbare Energien zu scheitern.

Ein zu schneller Zubau der Photovoltaik zusammen mit den Mitnahmeeffekten durch das „Grünstromprivileg“ birge die Gefahr, dass die EEG-Umlage deutlich zu schnell steigt - von derzeit 2,0 Cent pro Kilowattstunde auf bis zu 3,5 Cent pro Kilowattstunde im Jahre 2011 und möglicherweise bis zu 4,5 Cent pro Kilowattstunde im Jahre 2012. Es geht den Wissenschaftlern besonders um eine dynamische Anpassung der Photovoltaik-Vergütung, da sie ansonsten eine weitere rasante Steigerung der EEG-Umlage erwarten. „Beweisen Sie jetzt Mut und passen Sie die PV-Vergütungen dynamisch an. Das EEG sieht einen Ausbaukorridor von 3,5 GW pro Jahr vor, während die PV-Branche 6 GW in 2011 und 3-5 GW danach für geeignet hält. Wir fordern, die Einhaltung des Korridors von 3,5 GW pro Jahr sicherzustellen. Hierzu stehen verschiedene Optionen zur Verfügung: eine deutliche, über die festgeschriebene Degression hinausgehende Absenkung der Vergütungssätze zu Beginn des Jahres 2011 oder eine quartalsweise Senkung der Vergütungssätze um 3 bis 5% für den Fall, dass eine Überschreitung des linear interpolierten Ausbaukorridors im Vorquartal stattgefunden hat“, heißt es im ersten von fünf Punkten des Appells.

Die Unterzeichner zählen selbst zu Verfechtern des EE-Ausbaus, sehen die Fortschritte bei der Energiewende aber durch die üppige Förderung in Gefahr. Eine „Überinvestitionswelle“ im Bereich der Photovoltaik zusammen mit Mitnahmeeffekten durch das Grünstromprivileg führen kommendes Jahr zu so hohen Mehrkosten für Wirtschaft und Haushalte, dass die Akzeptanz der EE insgesamt in Frage gestellt werde. Sie rechnen damit, dass der Boom anhalten wird und die EEG-Umlage 2012 erneut um 30 Prozent steigen wird.

Mit ihrem Appell wollen sie diese Entwicklung bremsen. Ansonsten könnte Ökostrom insgesamt zur Disposition gestellt werden, heißt es in dem Brief. „Es käme zu einem gewaltigen Rückgang der Investitionen, zu beträchtlichen Produktionsüberkapazitäten und zu einem technologischen Fadenriss in einem Technologiebereich, wo die deutsche Industrie heute Vorreiter ist.“ Der Bundestag müsste nun schnell handeln. Aktuell müsste ohnehin eine kleine EEG-Novelle zur Anpassung des Gesetzes an die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien beraten werden. Darin sollten die von den Wissenschaftlern geforderten Änderungen aufgenommen werden. Sie fordern auch, dass von größeren Photovoltaik-Anlagen Systemdienstleistungen wie bei der Windkraft verlangt werden sollten. Zudem müssten die Grünstromprivilegien abgeschafft werden.

„Ein Warten auf die große EEG-Novelle 2012 ist zu spät“, appellieren die Wissenschaftler. Es gehe um Verlässlichkeit für Investoren. Daher sei es „extrem kontraproduktiv“ noch zu warten, um dann zum 1. Januar 2012 „grundlegende Förderelemente des EEG in Frage zu stellen“. Dies würde das Vertrauen in die Politik irreparabel beschädigen.

Erneuerbare am Scheideweg

„Die Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Deutschland steht an einem Scheideweg: entweder jetzt den Ausbau der Photovoltaik entschleunigen und mit kontrollierter Diffusionsgeschwindigkeit fortschreiten – oder wegen mangelnder Akzeptanz in 2012/2013 möglicherweise vor einem Scherbenhaufen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und damit des verlässlichen Ausbaus der Erneuerbaren Energien insgesamt zu stehen“, so die Wissenschaftlern. Zu den Unterzeichnern des Appells gehören unter anderem Jürgen Schmid vom Fraunhofer-IWES in Kassel, Mario Ragwitz vom Fraunhofer-ISI in Karlsruhe, Claudia Kemfert vom DIW und Felix Matthes vom Öko-Institut. Insgesamt haben zehn Wissenschaftler unterzeichnet. (Sandra Enkhardt)