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“Die Vorplanung entscheidet“

Der Markt für Heimspeicher hat Fahrt aufgenommen, nun kommen die Stromspeicher langsam auch im Gewerbe an. Bei welchen Speichergrößen ziehen Sie die Grenze zur den Heimspeichern für Privatkunden?

Andreas Lipphardt: Da kommt es weniger auf die Speichergröße an als auf die Einbindung beim Kunden. Will der Kunde den Speicher nur als Puffer für den Eigenverbrauch, also Laden und Entladen? Oder soll der Speicher auch Lastspitzen kappen, um den Strombedarf am Netzanschlusspunkt zu reduzieren? Sollen Elektroautos eingebunden werden?

Bleiben wir beim ersten Fall, dem reinen Kapazitätsspeicher für den Eigenverbrauch …

Andreas Lipphardt: Das können die Installateure in der Regel selber bauen, sogar bis hoch zu Speichern mit 100 Kilowattstunden oder mehr. Solche Lösungen lassen sich sehr gut durch die Kaskadierung von Standardspeichern erreichen, wobei kaskadierende Systeme meist mit 20 oder 40 Kilowattstunden gebaut werden. 100 Kilowattstunden sind noch die Ausnahme. 20 Kilowattstunden kann man mit zwei Resu 10 von LG erreichen, 40 Kilowattstunden mit sechs IBC Solstore 6.5 Li.

Werden die Speicher generell größer?

Andreas Lipphardt: Im privaten Segment beobachten wir tatsächlich diesen Trend, dort werden meist zwei oder drei IBC Solstore kaskadiert. Da brauchen die Speicher nicht unbedingt hohe Leistungen. Allerdings legen die Kunden zunehmend Wert auf Notstromfähigkeit und Überlastfähigkeit und halten sich dafür größere Speicher vor, um die erforderlichen Kapazitätsreserven zu haben.

Bei den Heimspeichern werden Standardsysteme kaskadiert. Ist das auch das Vorzugsmodell für gewerbliche Speicher mit größeren Kapazitäten und Leistungen?

Uwe Schmidt: Größere Speicher für Gewerbekunden sind immer Systemlösungen mit individueller Anpassung an die Erfordernisse des Unternehmens. Ob man dafür Standardsysteme einsetzen kann, muss die Planung ergeben. Wichtig ist zunächst, die Kundenanforderungen zu verstehen, um dann gemeinsam eine optimierte Speicherlösung zu erarbeiten.

Andreas Lipphardt: Aus Gründen der Flexibilität und der Lieferbarkeit sind standardisierte Systeme zu bevorzugen, wenn möglich. Man kann damit bis 200 oder 300 Kilowattstunden Speicherkapazität und 70 oder 80 Kilowatt Leistung zum Beladen oder Entladen aufbauen.

Welche Kunden sind das, die nach Gewerbespeichern fragen?

Uwe Schmidt: Die meisten Gewerbekunden fragen nicht nur nach Stromspeichern, sondern sie wünschen eine umfassende Lösung, um Energie zu sparen oder Energie effizienter einzusetzen. Manchmal brauchen sie eine Software, um die komplexen Energieströme zu steuern. Manchmal spielen Elektroautos eine Rolle. Um solche Fragen zu beantworten, haben sie entweder eigene Kompetenz im Unternehmen. Oder sie suchen externe Partner, um die optimale Lösung zu finden. Deshalb ist dieses Geschäft beratungsintensiver als bei standardisierten Systemen.

Welche Motive stehen im Vordergrund?

Uwe Schmidt: Bei privaten Speicherkunden geht es meistens um den Eigenverbrauch. Im Gewerbe kann die Motivation sehr vielfältig sein, werden viele Funktionen der Stromspeicher genutzt. Das macht die Sache unter Umständen komplex. Neben dem Eigenverbrauch sollen Lastspitzen gekappt oder die Prozesse im Unternehmen abgesichert werden. Hinzu kommen Back-up-Lösungen, die der Markt an uns heranträgt.

Andreas Lipphardt: Oft geht es darum, die verschiedenen Systeme im Unternehmen aufeinander abzustimmen. Die Geräte und Systeme müssen miteinander kommunizieren, dazu brauchen sie geeignete Schnittstellen und Protokolle. Das kann sehr knifflig werden.

Das bedeutet, dass im Vorfeld eines Auftrags bereits erhebliche Planungen geleistet werden müssen?

Uwe Schmidt: Das ist wie in jedem Projektgeschäft, welches wir aus der Photovoltaik kennen. Die Vorplanung gewinnt im Speichergeschäft an Bedeutung, um langfristig in der Anwendung auch Kosten zu sparen. Erst wenn die wichtigsten Fragen zur Speichernutzung geklärt sind, kann man die geeignete technische Lösung formulieren und anbieten. Bei der Installation und Inbetriebnahme müssen dann die Kundenanforderungen entsprechend programmiert und parametriert werden.

Können das die Installateure?

Uwe Schmidt: Das stellt viele Handwerksbetriebe vor große Herausforderungen. Schnelle Aufträge sind bei den Gewerbespeichern nicht zu erwarten. In Zusammenarbeit mit unseren Fachpartnern und Lieferanten versuchen wir, entlang der ganzen Wertschöpfungskette die optimierte Kundenlösung aus wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten anzubieten.

Andreas Lipphardt: Der Vorlauf kann einige Monate in Anspruch nehmen. Hinzu kommen einige Monate Lieferfrist, vor allem wenn es sich um maßgeschneiderte Batteriesysteme handelt. Wenn man mit Standardkomponenten baut, gibt es in der Regel keine Schwierigkeiten mit der Lieferung.

Ist die Vorplanung nicht auch eine Chance, beim Kunden Vertrauen aufzubauen?

Uwe Schmidt: Unbedingt. Ohne Vertrauen läuft im Projektgeschäft nichts. Bei der Planung muss das Projekt gesamtheitlich betrachtet werden, um Risiken und Kosten bei der Inbetriebsetzung zu minimieren. Mit technischer Kompetenz bei der Planung bauen Sie Vertrauen auf, welches für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit im Projektgeschäft essenziell ist. Und je besser die Vorplanung ist, umso besser laufen Bestellung, Installation und Inbetriebnahme.

Andreas Lipphardt: Bei Heimspeichern kann man auf der Baustelle meistens leichter umplanen, wenn man zum Beispiel den Stromspeicher woanders platzieren will als geplant. Beim Gewerbespeicher geht so etwas nur mit sehr großem Aufwand. Wie teuer Umbauten im Nachhinein werden können, lernt die Branche gerade bei den Photovoltaikanlagen. Viele Anlagen wurden damals schnell hochgezogen und hingebaut. Jetzt zeigen sich die Probleme, Defekte und Schäden, das kann für den Betreiber teuer werden.

Wie viele Speicher hat IBC Solar bisher ausgeliefert und über seine Kunden eingebaut?

Andreas Lipphardt: Insgesamt sind es 85 Megawattstunden, davon etwa 45 Prozent Lithiumspeicher. Zuletzt lag der Anteil der Lithiumspeicher bereits bei rund drei Vierteln. Auch 2018 setzt sich das Wachstum der Nachfrage fort.

Wo sehen Sie die größten Defizite bei den Installateuren, wenn es um Gewerbespeicher geht?

Andreas Lipphardt: Vor allem in der Bereitschaft, in die Vorplanung zu gehen. Viele Betriebe sind damit sowohl zeitlich als auch vom Wissensumfang schlicht überfordert, weil es auch um Schalttechnik gehen kann oder um Anschlüsse in der Mittelspannung. Deshalb bauen wir unsere Dienstleistungen aus, auf die unsere rund 600 Fachpartner in Deutschland zurückgreifen können. Freilich gibt es andererseits etliche Betriebe, die solche Herausforderungen meistern können – ohne unsere Hilfe. Das sollen die Partnerbetriebe selbst entscheiden.

Uwe Schmidt: Nach einem Erstgespräch mit dem Kunden kann man oft gut abschätzen, in welche Richtung die Systemlösung gehen könnte, mit oder ohne Photovoltaik. Auch kann man die Größe eines Speichers mit geeigneten Tools vorab recht gut bewerten. Dann kommen weitere Fragen: Wo soll der Speicher installiert werden? Wäre eine Containerlösung die bessere Wahl? Ist der Anschluss an Mittelspannung gewünscht oder möglich? Soll ein bestehendes Energiemanagementsystem angebunden werden?

Andreas Lipphardt: Dafür braucht man einige Erfahrung. Manche Betriebe haben sie, andere nicht. Wir haben schon 2012 unseren ersten Quartierspeicher mit 240 Kilowattstunden installiert, um das Netz zu stabilisieren und Netzausbau zu vermeiden. Der zweite Quartierspeicher folgte dann 2015 mit 660 Kilowattstunden Nennkapazität. Darauf können wir zurückgreifen.

Können die Installateure eine solche Vorplanung überhaupt leisten? Im Augenblick floriert das Geschäft, die Auftragsbücher sind voll – auch ohne Gewerbespeicher …

Andreas Lipphardt: Das stimmt, das erhöht den Druck auf die Installateure. Aber wer am Ball bleiben will, muss sich entsprechend aufstellen. Das gilt für jedes Geschäft, nicht nur für die Stromspeicher. Bei den Elektrobetrieben kommt hinzu, dass die Baubranche derzeit gleichfalls gut läuft. Das sind die Kapazitäten voll ausgelastet.

Uwe Schmidt: Zumal sich mit den Gewerbespeichern in der Regel Aufträge verbinden, die komplexer sind als bei standardisierten Photovoltaiklösungen oder Heimspeichern. Die Handwerksbetriebe werden sich segmentieren. Einige werden das Standardgeschäft weitermachen, im Einfamilienhaus, mit Standardsystemen. Andere werden mehr in Richtung Gewerbe gehen. Vor allem für die größeren Installateure wird es immer interessanter, Gewerbekunden in ihrer Region umfassend zu betreuen – und die entsprechenden Kapazitäten aufzubauen.

Wie viele größere Speicher haben Sie 2017 gebaut beziehungsweise betreut?

Andreas Lipphardt: Ungefähr 30 bis 40 Stück, die mehr als 50 Kilowattstunden Kapazität hatten, davon rund die Hälfte noch Bleisysteme. Für uns geht der Trend eindeutig in diese Richtung.

Welche Bedeutung haben Bleispeicher?

Andreas Lipphardt: Im Heimbereich kaum noch, bei größeren Anwendungen rund 50 Prozent. In südlichen Ländern sind Blei-Säure-Batterien unter Umständen besser geeignet, weil sie nicht so sensibel gegen höhere Umgebungstemperaturen wie Lithiumspeicher sind. Außerdem ist die Technik bekannt, die Wartung relativ einfach.

Ein Wort zu den Preisen: Wie sehen Sie die Entwicklung bei den Lithiumspeichern?

Andreas Lipphardt: Bei den Niedervoltsystemen liegen wir bei rund 1.000 Euro für die Bruttokilowattstunde, inklusive Einbau und Anschluss. Hochvoltsysteme liegen zwischen 600 und 800 Euro. Wenn man größere Speicher aus Standardsystemen kaskadiert, erreichen wir 500 bis 550 Euro je Kilowattstunde brutto. Erstaunlicherweise sind solche Containerlösungen etwas teurer, zwischen 700 und 850 Euro je Kilowattstunde. Größere Systeme mit 400 Kilowattstunden kann man durchaus für 600 Euro je Kilowattstunde bauen.

Geht diese Preisspirale weiter?

Andreas Lipphardt: Wir haben für das zweite Halbjahr 2018 bereits eine Weiterentwicklung unseres bisherigen Solstore 6.5 Li in der Pipeline. Dieser wird im selben Gehäuse, durch den Einsatz weiterentwickelter Zellen, rund 50 Prozent mehr Kapazität bieten, was den Preis um etwa 50 Euro je Kilowattstunde weiter senken wird. Die Energiedichte der Zellen wird zukünftig noch weiter steigen.

Uwe Schmidt: Die Speicherpreise haben sich in den vergangenen drei bis vier Jahren nahezu halbiert. Heute ist ein Zehn-Kilowattstunden-Speicher ungefähr so preiswert wie damals ein Stromspeicher mit 6,5 Kilowattstunden. Das ist vor allem für Gewerbekunden wichtig, die ihre Investition sehr genau rechnen, viel mehr als Privatkunden. Für sie muss sich die Investition gegen die erzielbare Einsparung bei den Stromkosten rechnen.

Ein wichtiger Benchmark sind die Preise für Bleispeicher. Ist Lithium schon damit konkurrenzfähig?

Andreas Lipphardt: Die Bruttokilowattstunde liegt bei 320 bis 350 Euro. Wenn man beachtet, dass man Bleispeicher nur zur Hälfte entladen kann, dann liegen die Lithiumspeicher bereits fast gleichauf.

Was könnte die massenhafte Verbreitung der Gewerbespeicher noch aufhalten?

Andreas Lipphardt: Wir stoßen bereits jetzt an die Grenzen der Montagekapazitäten. Händeringend suchen die Betriebe nach Elektrikern, die momentan einfach nicht zu finden sind. Andererseits gibt es in Deutschland rund 60.000 Elektrobetriebe nach Eintragungen in der Handwerksrolle Gewerke der Anlage A, von denen nur ein Bruchteil in der Photovoltaik und mit Stromspeichern aktiv sind. Ich schätze, das sind weniger als zehn Prozent. Es muss gelingen, diese Betriebe zu aktivieren. Denn Photovoltaik und Stromspeicher werden in der Elektrobranche und am Bau zum Standard.

Hält die Ausbildung der Installateure Schritt mit den neuen Technologien?

Andreas Lipphardt: Leider nicht. Die Photovoltaik spielt in der Meisterausbildung des Elektrohandwerks kaum eine Rolle, geschweige denn die Stromspeicher. Sie sind höchstens Randthemen. Man sieht das in der Praxis, wie naiv manche Elektriker mit diesen Themen umgehen. Sie lesen nicht einmal die Anleitung zur Inbetriebnahme oder gehen zu einer Schulung, um Stromspeicher anzuschließen. Sie hoffen darauf, dass man die Speicher einfach anstöpselt – und fertig. So einfach ist die Einbindung dann doch nicht.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

www.ibc-solar.de

Uwe Schmidt

ist seit 2015 bei IBC Solar in Bad Staffelstein beschäftigt und verantwortet als Abteilungsleiter für Plant Services die technische Betriebsführung für Photovoltaikkraftwerke und den Ausbau für Batteriespeichersysteme. Als ausgebildeter Werkzeugmechaniker und nach dem Studium der allgemeinen Elektrotechnik beschäftigte er sich zunächst mit Automatisierungslösungen für mittelständische Unternehmen und verantwortete 16 Jahre in einem Großkonzern Produkt-, Projekt- und Serviceaufgaben.

Andreas Lipphardt

ist seit 2008 in der Photovoltaikbranche tätig. Fünf Jahre lang arbeitete der Elektromeister und zertifizierte Gutachter für Photovoltaik bei einem Fachpartner von IBC Solar. Seit 2013 ist er als Servicetechniker bei IBC Solar, um die Fachpartner bei der Planung, Installation und Inbetriebnahme zu unterstützen. Zudem betreut er die Schulungen von IBC Solar, entwickelte unter anderem eine gemeinsame Schulung mit dem TÜV Rheinland zur Planung und Installation von Stromspeichern.

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