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Solarwirtschaft und Bürgerenergie warnen vor Ende der dezentralen Energiewende

Mit Blick in den jüngst erschienenen Energiemonitoringbericht kündigt Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) abermals Kürzungen bei der Einspeisevergütung von kleineren Solaranlagen an. Allerdings sehen die Autoren des Berichts keinen Grund, grundsätzlich den Ausbau der Photovoltaik auszubremsen, selbst wenn der Strombedarf langsamer steigen sollte als bisher angenommen.

Deshalb kritisieren die Branchenvertreter beim Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) die Ankündigung der Bundeswirtschaftsministerin, die Förderung neuer Solardächer streichen zu wollen. Denn dies würde nach Einschätzung des BSW-Solar unweigerlich darauf hinauslaufen, dass der Ausbau der Solarenergie langsamer geht. Tatsächlich müsste dann der Ausbau von Solarparks schneller gehen. Ob dieser so einfach beschleunigt werden kann, ist angesichts der bestehenden Hürden und langen Planungszeiten fraglich. Zumal dies die Idee einer dezentralen Energiewende infrage stellt.

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Investitionsbereitschaft sinkt um 20 Prozent

Die Branchenvertreter warnen davor, dass sich bei Wegfall der EEG-Förderung nach einer Umfrage unter Solarinstallateuren nur noch vier von zehn Eigenheimbesitzern für die Anschaffung einer Solarstromanlage entscheiden würden. Mit der Vergütung des überschüssigen Stroms denken immerhin 61 Prozent der Hauseigentümer über die Anschaffung einer Solaranlage nach. Der BSW-Solar nennt hier die deutlich längere Amortisationszeit und die daraus entstehenden höheren Kosten für die Anlagenfinanzierung, die von einer Investition abhalten könnten. Zudem besteht die Gefahr, dass diejenigen, die tatsächlich investieren, nicht mehr die volle Dachfläche ausnutzen, sondern die Anlagen nur noch auf den Eigenverbrauch hin dimensionieren. Denn damit senken sie die Investitionskosten und vermeiden die Einspeisung von Überschussstrom.

Ausbau von Ökostrom und Speichern beschleunigen

Der BSW-Solar warnt zudem vor einer Lücke, um den Strombedarf abzudecken. „Neue, stark wachsende Stromverbraucher wie Wärmepumpen, E-Fahrzeuge, KI-Rechenzentren und Klimageräte werden den Strombedarf künftig stark steigen lassen“, ist sich Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar, sicher. „Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung den Ausbau erneuerbarer Energien und Speichertechnologien jetzt massiv vorantreiben. Anstelle von Einschnitten bei der Solarförderung benötigen Betreiber und Branche einen verlässlichen Investitionsrahmen und weniger Marktbarrieren. Nur so kann Solarenergie den erforderlichen Beitrag zur Umsetzung der Klimaziele leisten und absehbare Zielverfehlungen im Bereich der Windkraft, im Verkehrssektor und bei der Gebäudemodernisierung kompensieren.“

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Flexibilität anreizen

Der BSW-Solar fordert von der Bundeswirtschaftsministerin, auf eine Förderkappung zu verzichten und stattdessen die richtigen Schlussfolgerungen aus dem Monitoringbericht zu ziehen. „Wie von den Gutachtern des Monitoringberichts herausgearbeitet, bieten vor allen Dingen Anreize zur Flexibilisierung sowie eine verbesserte Netzausnutzung Möglichkeiten, die Kosteneffizienz der Energiewende zu erhöhen“, betonen die Branchenvertreter.

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Bürger sind zur Investition bereit

Die dezentrale Energiewende sieht auch der Bundesverband Bürgerenergie (BBEn) in Gefahr. Denn der Monitoringbericht und die Reaktion der Bundeswirtschaftsministerin gefährde akut die Investitions- und Planungssicherheit der Bürgerenergie, warnt der BBEn. Ohne Planungssicherheit bleiben Investitionen aus. „Die Bürger und Bürgerinnen, Kommunen und die Wirtschaft sind bereit, jetzt in den Wirtschaftsstandort Deutschland und eine sichere Energieinfrastruktur im Strom- und Wärmesektor zu investieren“, sagt Katharina Habersbrunner, Vorständin des BBEn. „Auch diese Akteure wollen – wie Frau Reiche auch – jede erzeugte Kilowattstunde erneuerbare Energie sinnvoll nutzen. Sie setzen dafür aber auf zukunftsgerichtete Technologien wie Speicher und nicht auf eine Verwässerung von Definitionen wie dem sogenannten ‚kohlestoffarmen‘ Wasserstoff“, erklärt sie mit Blick auf Reiches Vorwurf, die Investoren in die Solaranlagen würden sich nicht um die netzdienliche Nutzung kümmern.

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Energiewende ist gesamtgesellschaftliches Projekt

Immer bekennt sich das Bundeswirtschaftsministerium zu dem Ziel von 80 Prozent Erneuerbaren im Strommix bis 2030. Gleichzeitig geht die Ministerin aber von einem geringeren Ausbau aus, da der Stromverbrauch niedriger als bisher prognostiziert wurde. „Entgegen der Überzeugung von Frau Reiche ist jedoch nicht davon auszugehen, dass das Ziel erreichbar ist, wenn das Förderregime der bürgergetragenen Aufdachphotovoltaikanlagen so abrupt infrage gestellt wird“, kritisiert Katharina Habersbrunner. „Die starke Fokussierung auf Kostenminimierung lässt vollkommen außer Acht, dass die Energiewende ein gesamtgesellschaftliches Projekt ist. Wenn Kommunen, Gewerbe und der Bürgerschaft nun suggeriert wird, dass weitere Erneuerbare-Energie-Projekte nicht mehr benötigt werden, wird das die Energiewende auf Jahre ausbremsen. Viel wertvolles privates und öffentliches Kapital würde fehlgeleitet, die Energie- und Klimaziele rückten in unerreichbare Ferne“, warnt sie. (su)