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Fünf bis zehn Gigawatt flexible Leistung gegen kalte Dunkelflauten nötig

Extreme Wetterereignisse sind selten, können aber erhebliche Auswirkungen auf die Energieversorgung haben. Das hat sich Mitte Februar in Texas gezeigt, als ein historischer Wintersturm den Strombedarf in unvorhergesehene Höhen trieb und gleichzeitig die Gasversorgung für Kraftwerke teilweise zusammenbrach. Die Folge: tagelange Stromausfälle für bis zu 4,3 Millionen Menschen, zeitweise extreme Strompreise und Insolvenzen von Versorgern, die sich nicht gegen diese Preisschwankungen abgesichert hatten.

Backup-Kraftwerke gegen Blackouts

Um solche Blackouts zu verhindern, braucht es eine Reserve aus flexiblen Kraftwerkskapazitäten, etwa Gas- oder Ölkraftwerke, die in Extremsituationen einspringen können. In einer aktuellen Studie hat das Energiemarktanalyseunternehmen Aurora Energy Research errechnet, dass Deutschland im Jahr 2050 zusätzlich bis zu zehn Gigawatt an flexiblen Kraftwerken für Extremwetterlagen brauchen wird. „Diese Anlagen kommen nur dann zum Einsatz, wenn der Bedarf sehr hoch und gleichzeitig die Stromerzeugung etwa von Solar- oder Windkraftwerken niedrig ist“, sagt Kornelia Stycz. Sie ist Energieexpertin bei Aurora und Autorin der Studie.

„Solche kalten Dunkelflauten sind allerdings so selten, dass die Backup-Kraftwerke nur wenige Stunden im Jahr in Betrieb sind“, erklärt Stycz. Deshalb brauche es ein entsprechendes Marktdesign und verlässliche Rahmenbedingungen, um wirtschaftliche Anreize für die Betreiber zu schaffen, die Kapazitäten vorzuhalten. Mit der zunehmenden Elektrifizierung von Verbrauchssektoren und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien werden sowohl die Stromnachfrage als auch die Stromerzeugung volatiler. Um das auszugleichen, sind neben Reservekraftwerken auch Maßnahmen auf der Verbraucherseite geeignet: So lassen sich zum Beispiel knapp 20 Prozent der Stromnachfrage flexibilisieren, indem Ladevorgänge von Elektroautos sowie der Betrieb von Wärmepumpen und Wasserstoffelektrolyseuren an die schwankende Erzeugung angepasst werden.

E-Autos über Wärmepumpen flexibel nutzen

Für kürzere Zeiträume (Minuten bis wenige Stunden) können auch Industriebetriebe ihren Strombedarf gezielt beeinflussen, zum Beispiel indem sie energieintensive Prozesse kurzzeitig verschieben oder pausieren lassen. Dabei ist allerdings der Aufwand den Mehrkosten für zusätzliche Erzeugungskapazitäten gegenüberzustellen. Insgesamt steckt demnach ein erhebliches Potenzial in einer intelligent angepassten Stromnachfrage: „Wenn wir die verbrauchsseitigen Flexibilisierungen voll ausreizen – von E-Autos über Wärmepumpen bis hin zum industriellen Strombedarf –, dann brauchen wir nur fünf Gigawatt zusätzliche flexible Kraftwerke“, sagt Stycz. „Wenn wir uns umgekehrt nur auf die Erzeugungsseite verlassen, werden wir die zehn Gigawatt vorhalten müssen, um die Versorgung bei Extremwetter sicherzustellen.“

Solche Backup-Kraftwerke sind nur wenige Stunden pro Jahr im Einsatz, daher rentieren sie sich erst bei Strompreisen von 10.000 Euro und mehr pro Megawattstunde. Politik müsse daher langfristig verlässliche Rahmenbedingungen für den Strommarkt schaffen, damit das Risiko von Investitionen in die Anlagen für Betreiber tragbar werde, fordern die Studienautoren. Das hieße, die Politik müsse sich klar zu einem Marktdesign bekennen – sei es ein reiner Energie- oder ein Kapazitätsmarkt – und dafür unter anderem auch die Frage klären, ob und wie die 2014 eingeführte Kapazitätsreserve in den kommenden Dekaden fortgeführt werde. (nhp)

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