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Meyer Burger

Künftig Nur noch Doppelglas

Die Erweiterung von Europas größtem Modulwerk im sächsischen Freiberg geht voran. Das zeigt: Die Solarindustrie kehrt zurück, aber nicht über Nacht.

Denn es geht nicht allein um Maschinen und Kapazitäten. Es geht um nachhaltige Geschäftsmodelle in Märkten, die sich immer mehr diversifizieren und zugleich dynamisch zulegen.

Rund 800 Megawatt in diesem Jahr

Meyer Burger wird in diesem Jahr rund 800 Megawatt Solarmodule aus Freiberg liefern. Das ist weniger als ursprünglich angepeilt. Die Marke von einem Gigawatt gefertigter Modulleistung wird das Werk erst 2024 erreichen. „Es geht nicht nur um den Ausbau der Kapazitäten“, erläutert Unternehmenssprecherin Anne Schneider beim Besuch vor Ort. „Wir betreiben in Freiberg derzeit zwei Modullinien, auf denen wir Glas-Folie-Module und Glas-Glas-Module fertigen. Die Umrüstung der Linien beim Wechsel der Produktvarianten kostet jedes Mal Zeit.“

Neue Produktplattform entwickelt

Eine dritte Linie wird derzeit neu aufgebaut. Mit ihr wurde eine wichtige Entscheidung getroffen: „Wir fertigen künftig nur noch Glas-Glas-Module“, stellt Anne Schneider in Aussicht. „Glas-Folie werden wir aus dem Programm nehmen. Bis Ende 2024 werden wir in Deutschland und den USA rund 3,4 Gigawatt Fertigungskapazität erreichen.“

Trotz gewisser Verzögerungen ist Meyer Burger solide aufgestellt. Im Jahr 2022 belief sich der Nettoumsatz auf 147,2 Millionen Schweizer Franken, gegenüber 39,9 Millionen im Vorjahr. Das Werk in Goodyear im US-Bundesstaat Arizona wird von 1,6 Gigawatt auf zwei Gigawatt erweitert. Bis Ende 2023, wenn die dritte Modullinie in Freiberg komplett installiert und hochgelaufen ist, werden in Deutschland rund 1,4 Gigawatt Fertigungskapazität verfügbar sein. Nach derzeitigen Plänen soll die dritte Linie im Sommer 2023 anfahren. Danach wird die erste Linie, die noch von Solarworld stammt und zwischenzeitlich modernisiert wurde, auf die einheitliche Produktplattform der Glas-Glas-Paneele umgestellt.

Industriemodule für die USA

In den USA wird Meyer Burger von Anfang an Glas-Glas-Module produzieren. Allerdings wird dort hauptsächlich ein spezielles Freiflächenmodul gebaut, das für Großprojekte eingesetzt wird. Drei große Projektträger nehmen den Hauptteil der Fertigung ab. Anders als in Deutschland ist der amerikanische Markt durch große Solarparks gekennzeichnet, die spezialisierte EPC planen und installieren.

Um diesen Sprung vorzubereiten, wird gleichzeitig die Zellfertigung in Thalheim bei Bitterfeld ausgebaut. Dort hat Meyer Burger ältere Hallen der früheren Hersteller Solibro und Sovello übernommen. Erst kürzlich hatten sich die Schweizer zusätzliche Mengen von Siliziumwafern bei norwegischen Herstellern gesichert.

Monozellen mit amorphem Mantel

Die monokristallinen Siliziumwafer werden chemisch prozessiert (N-Dotierung) und mit einer hauchdünnen Schicht aus amorphem Silizium ummantelt. Solche Heterojunctionzellen sind leistungsfähiger als herkömmliche Standardzellen. Zugleich hat Meyer Burger die Einführung größerer M10-Wafer vorbereitet, die vor allem im Freiflächenmodul in den USA zum Einsatz kommen sollen.

Soll heißen: Die Glas-Glas-Module werden vorerst mit klassischen Zellen bestückt, mit einem Kantenmaß von 166 Millimeter. Es bleibt rein optisch bei den drei Modultypen für den europäischen Markt: einem weißen und einem schwarzen Doppelglasmodul sowie einem bifazialen Modul mit transparentem Rückseitenglas.

Unter 25 Kilogramm Gewicht

Derzeit ist das Frontglas der Glas-Folien-Module 3,2 Millimeter dick, künftig soll es gleichfalls aus zwei Millimeter oder sogar noch dünnerem, thermisch vorgespanntem Glas bestehen. „Unser Ziel ist es, auch mit den Glas-Glas-Modulen unter 25 Kilogramm Gewicht zu bleiben“, erläutert Bettina Brammer, Marketingchefin von Meyer Burger. „Wichtig war für uns, die Rückseitenfolie durch das für uns bestmögliche Material zu ersetzen – Glas.“ Auf die Glas-Glas-Module gibt Meyer Burger 30 Jahre Produkt- und Leistungsgarantie, mit einer garantierten Restleistung von 93,2 Prozent. Meyer Burger strebt mit den Glas-Glas-Modulen die bauaufsichtliche Zulassung (abZ) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) an. Dann können sie in Solarfassaden oder Überkopfverglasungen eingebaut werden.

Meyer Burger nutzt eine spannende patentierte Eigenentwicklung, um die Zellen zu Strings zu verbinden: Mit dem Smartwire-Verfahren werden keine Kupferverbinder mehr gelötet. Sehr feine Drähte werden mit einer Klebefolie auf die Zellen aufgebracht.

Lediglich in der Mitte des Moduls werden die Ströme an einer Leiterbahn aufgenommen und zur Anschlussbox geführt. Die Smartwire-Connection-Technologie bietet einen wichtigen Vorteil: Der Lötprozess entfällt. Die Zellen werden nicht mehr mit den hohen Löttemperaturen gestresst.

Smartwire ohne Lötstellen, ohne Blei

Zudem sind Lötstellen im Laufe der Betriebszeit durch Korrosion gefährdet, können versagen und Hotspots ausbilden. Diese Gefahr hat die Smartwire-Connection-Technologie beseitigt. Die höchste Temperatur in der Modulfertigung herrscht im Laminator: Dort werden die Zellverbünde unter Vakuum bei rund 150 Grad Celsius in Schutzfolie eingebettet.

IBC-Zellen in der Entwicklung

Die Entwickler bereiten schon den nächsten Schritt vor: Neuartige Zellen mit IBC-Kontaktierung verlagern die Frontkontakte komplett auf die Rückseite. Dadurch wird die Front nicht mehr durch Drähte verschattet. Die Oberfläche ist homogen schwarz. Erste Testmodule wurden im Entwicklungslabor von Meyer Burger in Thun bereits gefertigt. Noch ist nicht konkret geplant, wann diese neuen IBC-Zellen in die Serienfertigung gehen.

Bis 400 Watt aus handlichem Format

Derzeit werden 120 Halbzellen im Modul integriert, sie leisten zwischen 370 und 400 Watt, Tendenz steigend. Die Module sind ohne Wartezeit verfügbar. „Ab 2024 fertigen wir keine Glas-Folie-Module mehr“, sagt Bettina Brammer. „Bis Mitte 2024 sollen alle drei Modullinien in Freiberg auf die Glas-Glas-Produktplattform umgestellt sein.“

Die Module vertreibt Meyer Burger in Europa über mehr als 50 Großhändler. Mehr als 1.000 Installationsbetriebe sind registriert, die die Module bei ihren Kunden installieren.

Anders als in Übersee spezialisiert sich der Modulhersteller hierzulande auf solare Dächer für Endkunden und kleinere Gewerbeanlagen. Die Modulmaße sind recht handlich.

Auf diese Weise lässt sich die Dachfläche besser ausnutzten als mit großformatigen Paneelen, die obendrein viel schwerer sind. Zur Intersolar in München im Juni wird Meyer Burger die neue Plattform seiner Produkte ausstellen – die Glas-Glas-Module.

Auf Wunsch der Installateure bekommt der Rahmen auf der kurzen Seite spezielle Montagelöcher sowie eine neue Ecke zur Drainage. Sie unterstützt die Selbstreinigung der Module, indem sie dem Wasser eine Ablaufmöglichkeit bietet und keine ertragsmindernde Schmutzkante entsteht.

Fabrik in Freiberg brummt

Die Fabrik in Freiberg brummt. Roboter tanzen Ballett, die Belegschaft arbeitet rund um die Uhr, um die Wünsche der Solarkunden zu erfüllen. „Für die dritte Linie haben wir derzeit zwischen 120 und 150 Stellen in Freiberg ausgeschrieben“, sagt Anne Schneider. „Insgesamt hat Meyer Burger weltweit schon 1.300 Leute.“

Davon sind 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zellfabrik in Thalheim tätig, rund 300 im Maschinenbau im sächsischen Hohenstein-Ernstthal. Etwa ein Zehntel der Belegschaft ist in F&E engagiert, vor allem in den Laboren und Pilotanlagen in Hohenstein-Ernstthal und in Thun in der Schweiz, wo Meyer Burger seinen Hauptsitz hat.

6.000 Module pro Tag

Jeden Tag verlassen rund 6.000 Solarmodule das Werk in Freiberg, an sieben Tagen in der Woche. Auch mit der dritten Linie in Freiberg wird Meyer Burger den Bedarf an nachhaltig gefertigten Solarmodulen nicht abdecken können.

Deshalb hat Meyer Burger im März einen Förderantrag bei der EU eingereicht. Im Rahmen des EU Innovation Fund könnte bald eine dreistellige Millionensumme fließen, um irgendwo in Europa das nächste Werk zu bauen. Warten wir es ab: Der Bescheid wird im Sommer erwartet.•

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