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Mehr als nur aufgehübscht

Das Mirker Quartier ist eigentlich eine nüchterne Industriebrache nördlich des Zentrums von Wuppertal. Doch in diesem Sommer wurde es für 16 Tage zum europäischen Zentrum der bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV). Denn hier haben 16 Teams bestehend aus Architektur-, Technik- und Bauwirtschaftsstudenten aus unterschiedlichen Hochschulen Europas ihre Lösungen für energieeffiziente Gebäude und die Energiesysteme der Zukunft aufgebaut.

Der Solarcampus in Wuppertal war gut besucht. Immerhin 115.000 Wuppertaler sowie nationale und internationale Gäste haben sich die 16 Häuser angeschaut. Ein Team hat sogar den weiten Weg aus Taiwan in die nordrhein-westfälische Stadt angetreten, um sein Gebäude hier zu zeigen. Ein angemeldetes Team aus Thailand musste leider absagen, da die Transportkosten für das Material und die Komponenten zu hoch gewesen wären, mit dem das Gebäude dann in Wuppertal hätte errichtet werden sollen.

Denn das war auch eine Aufgabe: Die einzelnen Häuser mussten innerhalb von zwei Wochen von den Studenten auf dem Solarcampus aufgebaut werden. Schon deshalb mussten sie die Gebäude so einfach wie möglich halten, was angesichts des derzeitigen Fachkräftemangels durchaus relevant ist. Dies führt die Studenten auch an die Realität im Alltag heran.

Mehr Respekt vor dem Handwerk

Denn da sie die Häuser selbst aufbauen müssen, sehen sie, wo es hakt und welche Teile oder Komponenten zu kompliziert sind. „Wir bilden an den Universitäten die Fach- und Führungskräfte aus. Etwa 1.800 Teilnehmer haben hier in interdisziplinären Teams zusammengearbeitet und die praktische Umsetzung ihrer Entwürfe am eigenen Leib miterlebt. Niemand wird hier vom Platz gehen und despektierlich mit Handwerkern umgehen“, hofft Daniel Lohrberg von der Bergischen Universität Wuppertal und Projektleiter des Solar Decathlon Europe (SDE) 21/22. „Denn die Teilnehmer haben Respekt vor denjenigen gewonnen, die die Entwürfe am Ende ausführen und in die Realität überführen. Schließlich können wir uns akademisch viel ausdenken. Wenn wir niemanden finden, der es ausprobiert und umsetzt, haben wir ein Problem.“

Solarmodule im Stile Delfter Porzellans hat das niederländische Team beim Solar Decathlon eingesetzt. Damit und mit der hervorragenden Energiebilanz haben sie es auf den dritten Platz geschafft.

Foto: Velka Botička

Solarmodule im Stile Delfter Porzellans hat das niederländische Team beim Solar Decathlon eingesetzt. Damit und mit der hervorragenden Energiebilanz haben sie es auf den dritten Platz geschafft.

Wohnungen für urbane Räume

Doch die eigentlich zentrale Aufgabe war, auf die großen Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren: die Kombination aus Klimakrise, knappem Wohnraum vor allem in urbanen Regionen und dem Umstieg von Öl und Gas auf nachhaltige Alternativen. „Es ging hier darum, den Weg zum CO2-neutralen Gebäudebestand zu zeigen“, erklärt Daniel Lohrberg.

So mussten die Teams Lösungen entwickeln, wie Gebäude entweder mit nachhaltigen und klimafreundlichen Möglichkeiten aufgestockt werden können – ein Ansatz, der in vielen Städten funktioniert, ohne weitere Flächen bebauen zu müssen. Oder sie konnten auch Gebäude entwerfen, um vorhandene Baulücken zu schließen, um den städtischen Raum möglichst effizient zu nutzen.

Alltagstaugliche Häuser

Deshalb waren nicht nur jede Menge alternativer Baumaterialien auf dem Solarcampus zu sehen, mit denen die Häuser konstruiert wurden, sondern auch viele innovative technische Lösungen, die auch im Betrieb nachhaltig sind. Natürlich spielte die Gestaltung ebenfalls eine wichtige Rolle. Schließlich sollen sich die Menschen in den Gebäuden wohlfühlen und die Häuser sich in die gebaute Umwelt einfügen. Das ist umso wichtiger, als diese Häuser nicht für die grüne Wiese entwickelt wurden, sondern als Teil einer existierenden Architektur.

Gefordert waren nicht etwa akademische Lösungen, die in der Realität nicht funktionieren. „Das sind keine freakigen Experimentalbauten und keine technischen Kapriolen“ betont Daniel Lohrberg. Die Gebäude müssen funktionieren – sowohl technisch als aus ökonomisch und nicht nur hier auf dem Solarcampus, sondern auch im Alltag. Dies ist schließlich Teil des Wettbewerbs und der einzelnen Disziplinen, die die Teilnehmerteams mit ihren Häusern absolvieren müssen.“

Bauherren informieren

Denn wie der Name der Veranstaltung schon andeutet, werden die Gebäude in zehn Disziplinen einem Stresstest unterzogen und das Team, dessen Gebäude am Ende in allen Disziplinen punkten kann, gewinnt. „Deshalb bekommen wir hier auch ausgewogene Lösungen gezeigt“, sagt Lohrberg. „Die Teams haben alle tolle Gebäude entworfen und gezeigt. Diese werden sie weiter beforschen, und wir schauen uns an, wie die Häuser noch verbessert werden können, damit wir die Lösungen haben, die wir in die Stadt bauen können und auf die die Menschen Lust haben.“

So wurden mindestens acht der 16 Gebäude nach dem Ende des SDE 21/22 an anderer Stelle wieder aufgebaut – in der Regel am Standort der Universität, deren Team das jeweilige Haus entwickelt hat. Sie stehen bereit als Ort, an dem Bauherren sich über die Möglichkeiten des nachhaltigen und solaren Bauens informieren können, wie der Wuppertaler Oberbürgermeister Uwe Schneidewind anlässlich der Eröffnung des SDE 21/22 erklärte.

Die Energie liefert die Sonne

So legen viele Teams Wert auf eine offene Gestaltung, um eine behagliche Wohnatmosphäre zu schaffen. Aber auch die äußere Gestaltung war ein zentraler Teil des Wettbewerbs – neben der intelligenten und sparsamen Nutzung der Energie, die das Haus selbst erzeugt. Diese Energie hat in allen Gebäuden die Sonne geliefert. Keines der Häuser kam noch ohne die solare Aktivierung der Gebäudehülle aus. Insgesamt gelang die Integration der Solaranlagen in die Gebäudetechnik und die Architektur auf einem besonders hohen Niveau.

Dabei kamen sowohl Photovoltaik als auch Solarthermie zur Anwendung – letztere unter anderem aufgrund der Reglularien zur Begrenzung der Stromerzeugungsleistung pro Haus. Denn die Teams durften nicht mehr als drei Kilowatt Photovoltaikleistung installieren. Wenn das Konzept mehr Leistung vorsieht, durften nur so viele Module angeschlossen werden, bis die drei Kilowatt erreicht waren. Auch für Batteriespeicher gab es klare Vorgaben. Die Speicherkapazität durfte 2,5 Kilowattstunden nicht überschreiten, um allen Teams die gleichen Wettbewerbsbedingungen zu garantieren – vor allem wenn es um die Energieperformance des Gebäudes ging.

Die Formen und Varianten der Integration der Photovoltaik in die einzelnen Gebäude waren sehr variabel. So haben Teams wie die der Universitäten Delft, Rosenheim, Eindhoven farbige Solarmodule von Herstellern wie Sunovation in die Fassaden ihrer Häuser integriert. Das Team Collab der Universität Stuttgart hat wiederum organische Solarmodule von Asca in eine Leichtbaukonstruktion in die Fassade integriert hat. Andere Teams wie das der Universitäten Grenoble, Pecs und Valencia hat auf eine große Überkopfverglasung von Räumen und Terrassen gesetzt, um die notwendige Energie zu produzieren.

Das Team der Universität Düsseldorf hat ebenfalls semitransparente Solarmodule als Überkopfverglasung eingesetzt, aber diese zusätzlich noch als Fassadenelemente genutzt. Das Team X4S aus Biberach hat hingegen neben Standardmodulen an der Fassade zusätzlich auf eine Kombination aus einem begrünten Flachdach von Zinco gesetzt, das mit röhrenförmigen Photovoltaikmodulen von Tube Solar überdacht war.

Fast unsichtbar: Die Lösung für eine Erweiterung von Bestandsgebäuden der Universität Rosenheim präsentiert sich mit einer Fassade mit hellgrauen Solarmodulen von Sunovation. Unter anderem damit hat das Team die beste Energiebilanz im Wettbewerb geschafft.

Foto: Velka Botička

Fast unsichtbar: Die Lösung für eine Erweiterung von Bestandsgebäuden der Universität Rosenheim präsentiert sich mit einer Fassade mit hellgrauen Solarmodulen von Sunovation. Unter anderem damit hat das Team die beste Energiebilanz im Wettbewerb geschafft.
Ein Paradebeispiel für eine gelungene Sanierung mit Solarfassade: Das Chemiehochhaus der TU Wien. Zusammen mit einem ausgeklügelten Energiekonzept wird das alte Haus aus den 1970-ern zum Plusenergiegebäude.

Foto: Velka Botička

Ein Paradebeispiel für eine gelungene Sanierung mit Solarfassade: Das Chemiehochhaus der TU Wien. Zusammen mit einem ausgeklügelten Energiekonzept wird das alte Haus aus den 1970-ern zum Plusenergiegebäude.

Mehr Eigenverbrauch als üblich

Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen. „In Verbindung mit Batteriespeichern und Automationstechnik nutzten die Teams im Schnitt die Hälfte des erzeugten Solarstroms im Haus selbst. Das ist deutlich mehr als heute üblich“, fasst Karsten Voss von der Bergischen Universität Wuppertal und fachlicher Leiter des Wettbewerbs die Resultate zusammen.

Die Aktivierung der Gebäudehülle für die Stromproduktion von Bestandsgebäuden war auch der Schwerpunkt des diesjährigen Symposiums Solares Bauen, das der Branchenverband Swissolar gemeinsam mit der Schweizerischen Bauzeitung TEC21 im September 2022 in Basel veranstaltet hat. Dort haben die Referenten anhand verschiedener Projekte gezeigt, dass die solare Gebäudehülle in der Bestandssanierung möglich ist, auch wenn es gilt, verschiedene Hürden hinsichtlich des Designs, des Projektablaufs und der Einflüsse der Umgebung zu nehmen.

Die Farbe weggelassen

So hat die Architektin Stefanie Bärtsch zusammen mit Christian Renken, Geschäftsführer des BIPV-Planers CR Energie, vorgestellt die energetische Sanierung eines Bürogebäudes in Zürich mit anschließender Integration einer solaren Gebäudehülle vorgestellt. Es ging um ein Gebäude aus dem vergangenen Jahrtausend in Pfosten-Riegel-Bauweise. Das monolithisch stehende Gebäude im nördlichen Zentrum von Zürich bot sich regelrecht an für die Integration von Solarmodulen in der Fassade. „Denn es ist ein hohes Gebäude mit vielen Fenstern. Deshalb war die Solarfassade die beste Variante für dieses Projekt“, erinnert sich Stefanie Bärtsch. „Allerdings war es auch die kostenintensivste Variante. Dennoch amortisiert sie sich.“

Aufgrund der vielen Fenster war der Platz für die Solarmodule allerdings extrem begrenzt. „Deshalb sind die Module sehr klein und die Fassade liefert relativ wenig Energie“, sagt Bärtsch. „Aus diesem Grund haben wir uns für ein einfaches Design ohne farbige Modulgläser entschieden“, ergänzt Christian Renken. „Dadurch wird zwar die Photovoltaik dezent sichtbar, aber wir erzielen eine hohe Effizienz.“

Preiswerter mit einheitlichen Größen

Um die Randverschattung zu vermeiden, wurden die Module so gestaltet, dass links und rechts die Solarzellen nicht bis an die Kante des Paneels heranreichen. Denn durch die senkrechten Lisenen zwischen den einzelnen Fensterbändern fällt zu unterschiedlichen Zeiten seitlich ein leichter Schatten auf die Module. Die Lisenen wiederum sind wichtig. „Denn wir wollten nicht unterschiedliche Modulgrößen entwickeln. Deshalb haben wir ein Breitenmaß definiert und durch die Lisenen werden die Toleranzen nicht sichtbar“, beschreibt Christian Renken die Lösung.

Auf diese Weise konnten die Kosten begrenzt werden, auch wenn die Solarfassaden an Vorder- und Rückseite mit 25 Kilowatt relativ klein sind und pro Jahr nur 8.100 Kilowattstunden Strom liefern. Die Dachhaut wurde ebenfalls durch Solarmodule ersetzt, die zusammen 44,42 Kilowatt leisten. Aufgrund der recht ungünstigen Ausrichtung – ein großer Teil des Daches zeigt nach Nordosten – ist auch der Stromertrag mit 35.900 Kilowattstunden im Jahr übersichtlich.

Die Sanierung des alten Gebäudes der Energie AG Oberösterreich in Linz hätte sich nicht gelohnt. Deshalb hat sich das Unternehmen mit dem Power Tower 2004 eine neue Dependance gegönnt – schon damals mit Solarfassade.

Foto: Velka Botička

Die Sanierung des alten Gebäudes der Energie AG Oberösterreich in Linz hätte sich nicht gelohnt. Deshalb hat sich das Unternehmen mit dem Power Tower 2004 eine neue Dependance gegönnt – schon damals mit Solarfassade.

Strom vor Ort nutzen

Die solare Gebäudehülle deckt damit aber immerhin 54 Prozent des gesamten Energiebedarfs des Gebäudes in Höhe von etwa 77.000 Kilowattstunden pro Jahr. Noch wichtiger ist: Etwa 60 Prozent des produzierten Stroms werden vor Ort verbraucht. Durch den hohen Eigenverbrauch wird die bauwerk­integrierte Photovoltaik in Gewerbegebäuden dennoch lukrativ, wie Christian Renken nicht nur für dieses Projekt berechnet, sondern auch aufgrund von tatsächlichen Daten in anderen Projekten gemessen und ausgewertet hat.

Doch auch für Wohngebäude rechnet sich die Photovoltaik. Das ist für Immobilieninvestoren wichtig. Sie haben inzwischen erkannt, dass der nachhaltige Betrieb von Gebäuden nicht nur ein Gewinn für das Klima ist. Er ist auch ein Gewinn für die Attraktivität und die Wirtschaftlichkeit von Gebäuden. Dies ist neben der Ökologie und der sozialen Verantwortung für die Mieter der Gebäude das dritte Standbein der Strategie von Previs Immobilien.

Die Solarfassade funktioniert auch bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern, wie das Beispiel der Gewoba in Bremen eindrucksvoll zeigt.

Foto: Werk1/Gewoba

Die Solarfassade funktioniert auch bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern, wie das Beispiel der Gewoba in Bremen eindrucksvoll zeigt.

Solare Gebäudehülle ist ein Muss

Das Unternehmen ist die Immobiliensparte des Vorsorgeunternehmens Previs, das die Renten- und Pensionseinlagen von inzwischen 42.000 Schweizern verwaltet. „Wir betreiben klassisches Vermögens- und Anlagenmanagement und müssen Rendite erwirtschaften“, erklärt Markus Mürner, Leiter des ­Assetmanagements bei Previs Immobilien, auf dem diesjährigen Symposium Solares Bauen.

Das Unternehmen hat das Geld der Versicherten von Previs in mittlerweile 2.900 Wohnungen mit einer Nutzfläche von 13.100 Quadratmetern und einem Gesamtwert von fast 1,4 Milliarden Schweizer Franken angelegt. In den nächsten fünf Jahren sollen 600 weitere Wohnungen hinzukommen und etwa 600 der Bestandswohnungen saniert werden. „Bei den Neubauten ist die solare Gebäudehülle immer ein Muss. Außerdem müssen wir immer mehr kommunale Vorgaben zur Stromerzeugung am oder im Gebäude erfüllen“, erklärt Mürner.

Kommunen bewegen sich

Hier habe sich in den letzten Jahren viel verändert, auch seitens der Kommunen, berichtet der Assetmanager von Previs. „Noch vor vier Jahren waren wir mit Restriktionen seitens der Kommunen konfrontiert, dass wir die Photovoltaik nicht zu groß bauen dürfen. Die gleiche Stadt hat drei Jahre später vorgeschrieben, dass die maximal mögliche Gebäudefläche für die Photovoltaik zu nutzen ist“, erinnert sich Markus Mürner. „Wir müssen sogar oft die Photovoltaik größer erstellen, als es wirtschaftlich sinnvoll ist. Doch nicht nur bei den Neubauten, sondern auch bei den Sanierungen prüfen wir immer, ob die Errichtung von Solaranlagen möglich ist.“

Inzwischen ist etwa ein Viertel der Immobilien der Previs mit einer Solaranlage ausgestattet. Weitere sollen folgen. Der Plan ist, bis 2026 von den dann gut 3.500 Mietobjekten im Portfolio fast 2.000 mit Photovoltaik auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Ausnahmen sind hier ausschließlich denkmalgeschützte Gebäude oder kleine Liegenschaften mit Dächern mit vielen Gauben und anderen Störflächen, bei denen die Rentabilität nicht ausreicht, um die Photovoltaik zu integrieren.

Eigenverbrauch entscheidet

Schließlich muss sich das für Previs Immobilien rechnen. Mit den verschiedenen Förderprogrammen seitens der Schweizer Regierung und der Kantone sind die Anlagen in der Regel in den grünen Zahlen. „Wir brauchen allerdings einen hohen Eigenverbrauchsgrad, um die Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Das gelingt vor allem mit dem Einsatz von Wärmepumpen und intelligenten Steuerungen. Damit erreichen wir Eigenversorgungsgrade von teilweise über 50 Prozent.“ Deshalb prüft die Previs auch bei jeder Immobilie, wie viel Photovoltaik tatsächlich sinnvoll ist – vor allem in der Sanierung.

EPFL

Planungstool für Solarfassaden in Entwicklung

Der Architekt Sergi Aguacil Moreno von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) entwickelt mit seinem Team ein Planungstool für solare Gebäudehüllen. Dazu haben die Forscher verschiedene Gebäude in Städten untersucht, um unterschiedliche Architekturstile und Häusertypen abzudecken und dafür Designszenarien inklusive BIPV zu entwickeln. „Wir wollten eine Verbindung zwischen der BIPV und der Verbesserung der Gebäudestandards schaffen“, erklärt Sergi Aguacil Moreno.

Die verschiedenen Designszenarien orientieren sich dabei am Ausmaß der Fläche, die mit Solaranlagen belegt werden soll, in Verbindung mit der Änderung des Erscheinungsbildes des Gebäudes. So beschränkt sich das erste Szenario auf die Nutzung von Flächen, die das bisherige Bild des Gebäudes erhalten. Hier werden in der Regel nur die Dachflächen für die Photovoltaik eingesetzt. Ein zweites Szenario nutzt dann auch Teile der Fassade wie beispielsweise Balkonbrüstungen für die Photovoltaik, um dem Gebäude ein erneuertes Erscheinungsbild zu geben. Bei der Transformation des Gebäudes werden alle möglichen Flächen für die Solarstromerzeugung genutzt. Dadurch verändert sich das Äußere des Hauses komplett.

Eine zweite Variable, die Sergi Aguacil Moreno in Betracht zieht, ist der Stromverbrauch im Gebäude. Hier geht es darum, die notwendige Solarfläche an oder in der Gebäudehülle zu bestimmen, um einen so hohen Eigenverbrauch wie möglich bei gleichzeitig maximaler Autarkie zu erreichen. Es steht die Frage im Mittelpunkt: Ab wann verpufft der Effekt, mit einer noch größeren Solarfläche den Eigenverbrauch zu erhöhen, ohne dass die solare Gebäudehülle unwirtschaftlich wird.

Dies hängt natürlich auch von den Einstrahlungsbedingungen am Standort ab. Deshalb hat Aguacil Moreno den Grenzwert der Sonneneinstrahlung als Variable miteinbezogen. Dabei ist klar: Je geringer die Einstrahlungswerte, desto größer muss die solar aktivierte Fläche ausfallen, um den Schnittpunkt zwischen Eigenverbrauch und Autarkiegrad bei wirtschaftlichem Betrieb der Anlage zu erreichen.

Die Gebäudedaten fließen in einen Design-Explorer ein, der das Ziel der Entwicklung von Sergi Aguacil Moreno ist. Dieser soll ein Werkzeug für Planer werden, die damit die passende solare Gebäudehülle auslegen können – dann natürlich unter Einbeziehung der Gegebenheiten vor Ort. Noch ist das Tool nicht fertig. Erste Entwicklungsergebnisse hat die Forschungsgruppe aber schon veröffentlicht.

BIPV-Initiative BW

Leitfaden für bauwerkintegrierte Photovoltaik veröffentlicht

Foto: ZSW BW

Die BIPV-Initiative Baden-Württemberg hat einen Leitfaden rund um die Integration von Solarmodulen in die Gebäudehülle erstellt. Die Plattform richtet sich an Architekten, Planer und Handwerker, um sie bei der Planung und Realisierung von Solarfassaden und Solardächern zu unterstützen.

Die Planungshilfe enthält alle relevanten Aspekte. So gibt es Hinweise auf geeignete Flächen sowie darauf, wie Module ausgerichtet und Verschattungen eingeplant werden müssen. Außerdem werden die Gestaltungsmöglichkeiten beschrieben, bei denen das Solarmodul als Designprodukt funktionieren kann. Im Anhang gibt es sogar eine Liste mit verschiedenen Herstellern von Solarelementen für die Bauwerkintegration.

Die Entwickler des Leitfadens haben auch den Planungsprozess unter die Lupe genommen. Neben der Wirtschaftlichkeit geht es um die Einbindung der BIPV-Anlage in das Gebäude-Energiekonzept und um die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Integration in Fassade oder Dachhaut.

Der Leitfaden ist als dynamisches Internetportal konzipiert. Das heißt, er wird laufend aktualisiert. Die Betreiber nehmen Hinweise und Anregungen entgegen, um die Planungshilfe zu verbessern.

An dem Projekt sind die Architektenkammer Baden-Württemberg, die Hochschule Konstanz, das Fraunhofer ISE und das ZSW Stuttgart beteiligt.

Allianz BIPV

Solare Gebäudehülle bei der Solarpflicht berücksichtigen

Foto: Velka Botička

Die Allianz BIPV fordert, die bauwerkintegrierte Photovoltaik bei der Einführung einer Solarpflicht sowohl auf kommunaler als auch auf Landes- und Bundesebene mitzudenken. So sollten konventionelle und integrierte Photovoltaik nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Ein entscheidender Punkt ist die Akzeptanz der Photovoltaik, die durch eine Solarpflicht nicht unterminiert werden darf. Deshalb sollte der Ausbau der Photovoltaik mit der Baukultur abgestimmt werden. Eine ästhetische Belastung müsse frühzeitig mit allem zur Verfügung stehenden Mitteln entgegengewirkt werden.

Ein Baustein hierfür sei die Förderung der BIPV. Denn diese bietet die Möglichkeiten, die Solarenergie nahezu unsichtbar in Gebäude zu integrieren oder so zu gestalten, dass sie auf die Architektur abgestimmt werden kann. Sie hält sogar Lösungen für denkmalgeschützte Gebäude bereit.

Deshalb müssen Anreize geschaffen werden, die Gebäudehülle mit Solarmodulen zu aktivieren. Der Verband schlägt dazu eine steuerrechtliche Gleichstellung mit konventionellen Solaranlagen vor, indem die Abschreibungsregelungen angeglichen werden.

Außerdem brauche es mehr Informations- und Beratungsangebote für Architekten, Bauherren und Planer, um die gestalterischen, technischen und baulichen Möglichkeiten der Photovoltaik zu vermitteln. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für integrierte Photovoltaikanlagen sind erklärungsbedürftig.

Die Bauwerkintegration der Photovoltaik stellt aber auch für das Handwerk eine besondere Herausforderung dar. Dazu bedarf es besonderer Schulungs- und Beratungsangebote, die in Zusammenarbeit mit Handwerkskammern und Fortbildungsträgern initiiert und umgesetzt werden können.

VDE Verlag

Das ganze Wissen zur solaren Architektur im Handbuch

Foto: Solar Age/Harry Schiffer Photodesign

Sonnenstrom aus der Gebäudehülle: Der VDE Verlag hat ein Standardwerk zur bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV) herausgegeben. Es ist auch als E-Book erschienen. Das Buch ist online und im Buchhandel ab sofort lieferbar.

Das neue Fachbuch wurde von Sven Ullrich und Heiko Schwarzburger verfasst, die gemeinsam das Webportal Solar Age speziell für Architektinnen und Architekten betreiben und zum Redaktionsteam der photovoltaik gehören.

Das sind die Themen: Grundlagen der Solartechnik, Wirtschaftlichkeit von solarer Architektur, Freiheit in der Gestaltung, Technik der Montage, Planung und Auslegung von Solarfassaden, Eigenstrom im Gebäude mit Stromspeicherung, Reduktion der Gewerke und Energiekosten durch solarelektrische Gebäude, Betrieb und Wartung, Brandschutz, BIPV-relevante Normen und Vorschriften.

Das Fachbuch/E-Book richtet sich an diese Zielgruppen: Architektinnen, Architekten, Bauplanerinnen, Bauplaner, TGA-Planerinnen, TGA-Planer, Elektro-Fachinstallateure, Solarteure, Facility-Managerinnen und Facility-Manager.

Ergänzt wird das Werk durch einen Überblick über Anbieter und Produkte für die BIPV. Das Firmenverzeichnis hilft Architektinnen und Architekten bei Ausschreibungen und erleichtert die Suche nach hochwertigen Produkten der BIPV.

Das neue Fachbuch und das E-Book (220 Seiten, 230 x 270 mm, Hardcover, zahlreiche
Abbildungen und Referenzbeispiele) kosten einzeln jeweils 56 Euro,
die Kombination von Buch und E-Book kostet 78,40 Euro.

ISBN für die Bestellung im Buchhandel:

Buch: ISBN 978-3-8007-5309-3

E-Book: ISBN 978-3-8007-5310-9

Bestellungen beim VDE Verlag:

Autarkie Team

Alter Plattenbau wird energieautarkes Mehrfamilienhaus

Foto: Timo Leukefeld

Die Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsgesellschaft (AGW) wandelt drei alte Plattenbauten aus DDR-Zeiten in energieautarke Mehrfamilienhäuser um. Der Clou: Die Mieter zahlen dann keine separate Rechnung mehr für die Energieversorgung. Denn diese ist als Flatrate in der Miete schon enthalten.

Zunächst werden die drei alten Plattenbauten energetische komplett saniert. Das Dach und die Fassade werden für die Produktion von Sonnenstrom aktiviert. Die Solaranlagen liefern nicht nur Strom für die elektrischen Verbraucher in den 22 Wohnungen. Sie versorgen die Wohneinheiten auch mit Wärme. Dabei setzen die Planer eine vollelektrische Wärmeversorgung um.

In jeder Wohnung wird ein Warmwasserboiler mit einem Fassungsvermögen von 200 Litern installiert. Diese werden mit überschüssigem Solarstrom betrieben und speichern diesen über einen längeren Zeitraum. „So können etwa 80 Prozent des Warmwasserbedarfs solar gedeckt werden“, erklärt Timo Leukefeld. Der Freiberger Solarexperte hat das Konzept der energieautarken Mehrfamilienhäuser mit Energieflatrate entwickelt. Der Restbedarf wird mit Ökostrom aus dem Netz abgedeckt. Die Raumwärme liefern Infrarotpaneele. Zudem wird auch die Speichermasse des Gebäudes selbst genutzt. Um eine möglichst hohe Autarkie zu erreichen, werden die Handwerker Solarspeicher installieren.

Das Wärmekonzept bietet einige Vorteile. Denn es sind keine Rohrleitungen wie bei herkömmlichen wassergeführten Heizungssystemen nötig. Dadurch sinken der Zeitaufwand und die Materialkosten für die Montage. Zudem sind Infrarotheizungen über Jahrzehnte wartungsfrei, was bei dem Handwerkermangel und steigenden Stundensätzen langfristig ein enormer Vorteil sein wird. „Das ist ein großer Wert mit Blick auf die Rendite“, betont Leukefeld.

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